Mein Schrei nach Hilfe in der Psychiatrie Teupitz - 2006

Im September 2006 war ich mit meinem Bruder für einige Tage in Wien. Er hatte die Reise bei einem Preisausschreiben der Zeitschrift "Super Illu" gewonnen und nam mich mit. Höhepunkt der Reise war der 25.09.2006, der Besuch eines Konzertes von Punk-Rocker "Bela B". Es war eine tolle Zeit, herrliches Wetter und viele DVD+Käufe, die man in Deutschland nicht bekommen könnte. Unser Rückflug mit "Air Berlin" war am Mittwoch, den 27.09.2006 und am folgenden Tag musste ich auch wieder zur Arbeit...

Ich hatte es immer noch nicht verstanden. Statt die Woche mit 2 weiteren Urlaubstagen entspannt ausklingen zu lassen, rannte ich Idiot mal wieder zur Arbeit. Urlaubstage hatte ich massenhaft angehäuft, es wäre also kein Problem gewesen. Aber erstmal habe ich es gar nicht bis zur Arbeitsstelle geschaft. Mit meinem Bruder bin ich ja am Vortag erst spät Abends in Berlin-Tegel angekommen, von dort nach Königs Wusterhausen vergingen locker weitere 2 Stunden und zu Hause ankommen, springt man ja auch nicht gleich ins Bett. Ich hatte vielleicht 5 h geschlafen und sollte morgens unsere Tochter zur Kita bringen. Nach dem Aufwachen war mir sofort klar, dass etwas nicht stimmte... ich war unruhig und mein Kopf völlig leer. Ich wusste erstmal gar nichts mit mir anzufangen und rannte in der Wohnung hin und her. Zwischendurch versuchte ich unsere Tochter zu wecken, was mir schon enorm schwer fiel. Was also tun, an Arbeiten war nicht zu denken, aber zu Hause bleiben würde mein Problem auch nicht lösen. Mein letzte ambulante Therapie-Stunde nach meinem Burnout im Juni diesen Jahres war nicht mal 6 Wochen her und ich fühlte mich bis gestern super und war der Meinung, alles richtig zu machen. Und jetzt lief ich auf und ab und war völlig überfordert. Zurück zur ambulanten Therapie und das ganze nochmal von vorn? Würde ich danach etwas Anders machen? Würde ich endlich kapieren, wie ich meinen Arbeitstag richtig gestalte? 

Ich hatte zum damaligen Zeitpunkt fast 7,5 Jahre durchweg gearbeitet, meistens zwischen 10 und 11 Stunden täglich, auch an Samstagen, ich war nie krank, ich sammelte Unmengen an Urlaubstagen auf meinem Konto, ich lief fast zu jedem Heimspiel der Eishockeymannschaft "Eisbären Berlin" (unsere Firma war von 1997 bis zum Umzug in die Mercedes Benz-Arena im Jahr 2008 für die medizinische Absicherung im Wellblechpalast zustaändig), ich kam zu der Erkenntnis, ich brauchte unbedingt mal eine Auszeit! Ich schrieb eine SMS an Dr. Jansen, mein Arbeitgeber und mein Hausarzt und fragte, ob er heute im Haus sei, das MVZ des Doktors und meine Arbeitsstelle waren im gleichen Gebäude. Ich brachte unsere Tochter zur Kita und fuhr zum Prenzlauer Berg. Mein Doc brachte mich gleich zu einer im MVZ tätigen Psychiaterin. Nach einem umfangreichen Gespräch, ich war die Nervosität und Unruhe in einer Person, überredete sie mich zu einer Einweisung in die für meinen Wohnort zuständige Psychatrie in Teupitz. Frau Doktor telefonierte ein paar Mal und meldete mich in der Klinik beim diensthabenden Kollegen an. Ich wurde etwas ruhiger und wirklich, ich freute mich darauf, mit einem Psychiater mal über Alles reden zu können und meine Fehler zu analysieren, die mich so kurz nach meinem ersten Burnout, gleich wieder auf die schiefe Bahn befördert haben.

Mit der Einweisung im Gepäck wurde ich von meinen eigenen Kollegen mit dem Krankenwagen zur Klinik nach Teupitz gebracht. Meine Kollegen fanden auch schnell den diensthabenden Arzt, doch der wusste nicht, dass ich komme. Im Endeffekt egal, weil ich als Notfall kam und man mich aufnehmen musste. Trotzdem eigenartig, weil ich die Psychiaterin im MVZ selber telefonieren sah und hörte. Es stellte sich später raus, Frau Doktor hatte zwar die Klinik in Teupitz gemeint und auch auf der Einweisung notiert, telefoniert hat sie aber mit der Klinik für Psychiatrie in Cottbus, dort hatte sie vor Jahren ein Praktikum gemacht.

Nun war ich also in Teupitz angekommen und musste zuerst das Aufnahmegespräch mit dem diensthabenden Arzt führen, danach gab es noch eine Blutentnahme. Mittlerweile war es schon spät am Nachmittag und da passiert in Krankenhäusern gewöhnlich nicht mehr viel, mein Wunsch nach einer Beruhigungs-Pille wurde aber zum Glück entsprochen.

Und nun beginnt das Missverständnis: bei der Blutuntersuchung wurden leicht erhöhte Leberwerte festgestellt. Die habe ich bis heute, auch ohne Alkohol oder fett zu Essen. Ich habe kein Adipositas und ich bewege mich schon immer mehr zu Fuß als mit dem Auto. Man nimmt die Werte zum Anlass, mich erstmal auf der Suchtstation für Alkoholiker unterzubringen. Das ist mir anfangs gar nicht bewusst, ich bin nur froh hier meine Zelte aufschlagen zu können. Mein Zimmer-Genosse ist in Ordnung, viel älter als ich, etwas wortkarg, aber genau das brauche ich auch, ich will ja zur Ruhe kommen. Die Krankenschwester, die mir die Beruhigungs-Tablette brachte, erklärte mir, dass ich in letzter Zeit wohl weit über den Durst getrunken habe, meine Leberwerte sind ein eindeutiger Beweis. Natürlich gab es im Wien-Urlaub auch Alkohol, aber über den Durst? Mir war es in dem Moment aber wirklich egal, was die Schwester von mir hielt. Meine Frau kam am späten Nachmittag mit ihren Eltern vorbei und brachte mir Sachen und was man sonst noch so braucht für einen längeren Aufenthalt.

Am folgenden Tag, Freitag, fühlte ich mich schon viel besser, die Unruhe war verschwunden und nicht zur Arbeit fahren zu müssen, sorgte für zusätzliche Entspannung. Von mir aus konnte es also losgehen mit der Therapie. Was auch immer gemacht werden muss, ich bin dabei. Mein größter Wunsch, das Einzel-Gespräche mit einem Psychiater oder Psychologen, ich wollte reden... unbedingt! Bei der Erkundung der Station fand ich auf dem Flur den Therapie-Plan und mein Name stand sogar schon drauf, allerdings noch ohne Einteilung. Die...